Titel Das Gesunde Büro
Herausgeber Messe Frankfurt Exhibition GmbH
Paperworld, Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt am Main
Konzept André Schmidt, MATTER Büro für Architektur und Städtebau
Gestaltung Luciana Siggel
Redaktion/Text Ludwig Engel, André Schmidt
Interview Ludwig Engel, Interview mit Mazda Adli
Übersetzung Alan Connor
Druck Messe Frankfurt Medien und Service GmbH
Copyright Messe Frankfurt Exhibition GmbH 2018
Was ist ein gutes Büro? Und was dazu noch ein gesunder Arbeitsplatz? Manchmal hilft es, das Gegenteil zu untersuchen, um Antworten auf seine Fragen zu bekommen. Was also macht ein schlechtes Büro aus? Ist es der überbordende Schreibtisch, an dem man viel zu lange auf einem alten Bürostuhl bewegungslos sitzt? Ist es die schlechte Luft und die viel zu geringe Beleuchtung, die einen müde machen, trotz des vielen Kaffees? Sind es die telefonierenden Kollegen, wegen denen man dauernd die Konzentration verliert oder das Gefühl, das die Arbeit sinnlos ist und man deshalb schon innerlich gekündigt hat? Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die dazu führen, dass wir gestresst sind, uns der Kopf oder Rücken weh tut oder wir psychisch leiden. Auf die ein oder andere Art führt dies zum Rückgang unserer Produktivität und einem verminderten Wohlbefinden. Im schlimmsten Fall werden wir sogar krank.
Um dies zu vermeiden, zeigen wir hier die wichtigsten Aspekte auf und geben Gedankenanstöße zu Verbesserungen der eigenen Bürowelt.
The Good, the Bad and the Healthy
Bürosprüchen wie „Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger!“ sind wir alle schon einmal begegnet. Es gibt unzählige Varianten davon. Manche haben den Chef auf dem Kieker, einige bemängeln das Arbeitspensum und die gestellten Aufgaben, andere nehmen sich die Kollegen vor.
Ihnen allen ist gemeinsam, dass es im Kern um Stressfaktoren geht, die sich aus Über- oder Unterforderung, aus Hierarchiestrukturen, der Arbeitsorganisation und dem Zusammen- oder Gegeneinanderarbeiten im Team ableiten lassen. Und Stress kann, wenn er als negativ empfunden wird, krankmachen. Das führt in der Konsequenz immer häufiger zu Burn-Out und Depressionen.
Stress gilt aber nicht als einziger Faktor, der uns im Büro krankmachen kann. Das kristallisierte sich bei unseren Vorüberlegungen für die Konzeption der Sonderschau Büro der Zukunft auf der Fachmesse Paperworld zum Thema „Das gesunde Büro“ heraus. Wir stellten uns zunächst die Frage, was uns eigentlich krankmacht. Nach eingehenden Recherchen identifizierten wir Bereiche, die entweder zu einem schlechten oder gesunden Büroklima beitragen können. Zusätzlich lassen sich diese sechs Bereiche „Büroraum“, „Möblierung“, „Ernährung“, „Arbeitsweise“, „Kollegen und „Aufgaben“ und die „Arbeit an sich“ einer „weichen“ oder „harten“ Kategorie zuordnen.
Zu den weichen Faktoren zählen die Arbeitsweise, die Kollegen, die Mitarbeiter- und Hierarchiestruktur sowie die eigentliche Aufgabe, für die man verantwortlich ist. Zu den harten Faktoren gehören der Büroraum selbst, seine Möblierung im engeren und weiteren Sinne sowie Ernährungsoptionen für die Mitarbeiter. Ausgehend vom Wissen um die harten und weichen Faktoren und die sechs Bereiche lassen sich bestehende Bürosituationen präziser verbessern oder neue Bürolandschaften entwerfen.
Beispiel Büroraum: Raumakustik, Luftqualität, Beleuchtung beziehungsweise natürliche Belichtung sowie Begrünung sind die wesentlichen Aspekte, die maßgeblich ein gutes Arbeitsumfeld bestimmen. Hinzu kommt eine geschickte Raumaufteilung, um auf die Bedürfnisse von konzentrierter oder kommunikativer Arbeit eingehen zu können.
Was in den vom Quickborner Team geplanten Bürolandschaften in den 60er-Jahren seinen Anfang nahm und sich bis hin zu heutigen Großraumbüros oder Zellenbüros fortsetzt, muss konsequent weitergedacht werden. Heute geht es darum, die Vorteile von Einzel- und Großraumbüros gekonnt zu verschmelzen. Einzelne Zonen anstelle eines großen Raums sind das Ziel. Mittels informeller Meetingbereiche, akustisch geschützter Telefonzellen, Besprechungslounges, Lesezonen und Teamküchen entstehen viele Arbeitsplätze unterschiedlicher Qualität, die die Mitarbeiter abhängig von der momentanen Aufgabe aufsuchen können. Im Idealfall wechseln sie mehrmals am Tag den Arbeitsplatz.
Dadurch soll das dauernde Sitzen an derselben Stelle vermieden werden. Zwar haben reine Steharbeitsplätze ebenfalls Nachteile, aber sie erleichtern es doch deutlich, mal aufzustehen, zu Kollegen zu gehen, um kurz etwas zu besprechen, oder in einen anderen Bürobereich zu laufen. Das fällt vom Sitzen aus schwerer. Umso wichtiger ist es, die Bequemlichkeit des Sitzens durch möglichst viele Anreize aufzubrechen.
Womit wir beim zweiten Bereich, der Möblierung angekommen wären. Fast alle großen Büromöbelhersteller haben das Thema Ergonomie verinnerlicht. Davon zeugen zahlreiche Sitzmöbel, die den Körper entweder in die richtige Haltung bringen oder den Benutzer durch gezielte Instabilität zum aktiven Sitzen anregen. Seit erkannt wurde, welche Vorteile das Arbeiten im Stehen bietet, vergrößert sich die Auswahl an Tischen, die von einfachen, mechanisch verstellbaren Modellen bis hin zu elektrisch steuerbaren Exemplaren reicht, die individuelle Höhenprofile speichern können. Neben diesen klassischen Büromöbeln halten immer häufiger alternative Sitz- und Stehgelegenheiten in moderne Büros Einzug. Diese Entwicklung unterstützen Zonenkonzepte, die darauf basieren, dass die Einrichtung der Bürowelt genügend Abwechslung bietet.
Im weitesten Sinne zur Möblierung zählen auch die Tastatur, die Maus und der Bildschirm. In technischer Hinsicht entsteht hier viel Neues. Man denke etwa an Produktentwicklungen wie Meetingwände mit interaktiven Projektionsflächen. Der Übergang von der digitalen Eingabe hin zur direkten Projektion lässt auf eine immer weiter fortschreitende und nahtlosere Verschmelzung von realer, haptischer Welt und digitaler Oberfläche hoffen. Mit digitalen Stiften bahnt sich diese Entwicklung bereits an.
Ganz und gar nicht digital, aber ebenfalls im Trend liegt das Revival der Büropflanze. Zunehmend mehr Büros geraten fast zum Dschungel und sorgen so zum einen für eine, wenn auch geringe Verbesserung des Raumklimas, zum anderen bilden sie eine wohltuende optische Oase für gestresste Bildschirmaugen.
Als dritter wichtiger Faktor trägt die Ernährung zum gesunden Büro bei. Kannenweise Filterkaffee mit Kaffeesahne und gezuckerte Softdrinks begleiten oft den Büroalltag. Am Freitagabend werden diese Getränke durch viele Gläser Bier und Wein ersetzt – so zumindest das Klischee. Schlechte Essgewohnheiten tun ihr Übriges. Dabei kann sich die richtige Ernährung effizient und positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Wer mit einem ausgewogenen Frühstück im Magen ins Büro kommt, dort auf Zucker und Koffein weitestgehend verzichtet und mittags ein leichtes Essen zu sich nimmt, bleibt länger fit und frisch im Kopf.
Viele Menschen müssen dafür aber ihre Routinen ändern, was sehr schwierig sein kann. Eine attraktive Gestaltung der Teeküche, die schon immer ein sozialer Treffpunkt innerhalb des Büros war, kann das unterstützen. Die Küche eignet sich hervorragend als Kommunikationsraum und für Ad-Hoc-Meetings.
Hinzu kommen idealerweise weitere Nahrungsstationen innerhalb des Büros, die Obst, gesunde Snacks und Wasser in der Nähe der Arbeitsplätze bereithalten. Es bietet sich auch hier an, diese Orte als temporäre und informelle Treffpunkte zu verstehen, die wiederum Teil des Zonenkonzepts sind. Diese neuen Orte sollten gleich mehrere Funktionen erfüllen, um eine möglichst flexible Nutzung zu ermöglichen und die Akzeptanz zu fördern. Nach diesen drei „harten“, also physischen Faktoren, die zum gesunden Arbeiten beitragen, gilt es, sich die „weichen“, in diesem Fall psychischen Faktoren genau anzusehen. Es geht um Menschen und Denk weisen. Sie sind es, die uns „Stress“ machen und zu einer ganzen Palette an körperlichen Problemen führen können. Das betrifft in besonderer Weise die betriebs- beziehungsweise bürointerne Arbeits organisation. Arbeitszeiten, das Home- Office, Teamgrößen, Entscheidungstransparenz, Mitbestimmung, Arbeitsbelastung, Überoder Unterforderung und die eigene Arbeitsdisziplin – alles potentielle Stressverursacher.
Hier ergibt sich ein großes Potenzial für die Schulung von Mitarbeitern und Führungskräften hinsichtlich ihrer eigenen Arbeits- und Teamorganisation, aber auch mit Blick darauf, die Kommunikation der Beschäftigten zu fördern. Dabei sind die Transparenz von Entscheidungen und das Sicheingebundenfühlen von hoher Bedeutung für das Wohlbefinden im Team. Neben einer klaren direkten oder schriftlichen Kommunikation dienen auch Wandflächen für Projektpräsentationen und eine flexible Arbeitsplatzgestaltung dazu, dass sich Teams informell austauschen können.
Zusätzliche Stressfaktoren können zudem im Team selbst entstehen, nämlich dann, wenn die Chemie zwischen den Kolleginnen und Kollegen nicht stimmt. Oder zwischen Chef und Mitarbeitern. Der oft gehörte Satz „Man geht zu einer Firma und verlässt einen Manager“ spricht Bände. Untersuchungen zeigen, wie eine einzelne Person Stress am Arbeitsplatz auslösen kann. Daher verwundert es in vielen Fällen nicht, dass Manager mit ihren spezifischen Führungsqualitäten die entweder geringen oder hohen Krankenstände mitnehmen, wenn sie ein neues und anderes Team leiten.
Mit Coaching-Lehrgängen für das Führungspersonal und teambildenden Maßnahmen lässt sich hier gegensteuern, verbunden mit dem Anspruch, Hierarchiestrukturen zu überdenken, Fehler zuzulassen und Anerkennung auszudrücken. Das gilt für Vorgesetzte ebenso wie für Teams. Der Verbesserung des Büroklimas dient auch das lockere Beisammensein am Freitagnachmittag, ein Teamabendessen oder ein Büroausflug. Dadurch können sich die Kollegen auf persönlicher Ebene besser kennenlernen, was wiederum dazu beiträgt, Konflikte zu verringern. Und die fast schon klischeehafte Tischtennisplatte im Bürogebäude hilft somit nicht nur, den Mausarm zu verhindern, sondern bringt Menschen spielerisch zusammen.
Auch wenn alle genannten Aspekte berücksichtigt werden und durch entsprechende Maßnahmen eine gute Arbeitsatmosphäre entsteht, bleibt ein wichtiger Faktor, ohne den alles hinfällig wird: die Liebe zur Arbeit, der eigentlichen Aufgabe – der Berufung eben. Werden die weichen Faktoren nicht ernst genommen und fehlt dazu noch der eigene Antrieb, kommt es schnell zur inneren Kündigung.
Das muss aber nicht so sein. Durch Fortbildungen lassen sich Mitarbeiter motivieren. Werden ihre individuellen beruflichen Ziele gefördert, können festgefahrene Situationen aufgebrochen und neue Perspektiven entwickelt werden. Wenn die Arbeit wieder Spaß macht und erfüllt, nehmen die betroffenen Mitarbeiter Mängel als weniger belastend wahr und sie empfinden Stress womöglich als positiv. Zwischenmenschliches wird kollegialer und weniger ernst und verbissen angegangen. Das zeigt sich dann darin, dass im Büro gelächelt oder sogar gelacht wird. Der gesundheitliche Wert einer fröhlichen und damit entspannteren Arbeitsatmosphäre ist daher einfach nicht zu unterschätzen.
1 Teilen und trennen
Für seine Ausstellung “Nationalgalerie” unterteilte der Künstler Thomas Demand den riesigen Glaskasten der Neuen Nationalgalerie in Berlin mit schweren dunklen Samtvorhängen und schaffte in diesem sonst so in die Stadt hineinwirkenden, luftigen Raum eine Intimität und Geborgenheit, die jeder seiner gezeigten Fotoarbeiten eine Aura und Andacht verliehen, wie sie in der Ausstellungshalle kaum vorstellbar war. Der Architekt Arno Brandlhuber verwendete ebenfalls Vorhänge, um die großflächigen Räume seiner “Antivilla” nach Jahreszeit und Witterung in kleinere Klimazonen unterteilen zu können. Durch die Vorhänge konnte zwar in beiden Fällen keine akustische Barriere, geschweige denn ein echter Wandersatz geschaffen werden, aber die Vorhänge wirken in beiden Fällen als visuelle und damit auch als mentale Barrieren, die Zonen der Privatheit in Räumen zu großer Öffentlichkeit schaffen. Moderne Büros sind in ihrer Transparenz, ihren Großräumen und Glasfassaden heute Orte, die Momente der Privatheit kaum erlauben. Aber auch hier, im Großraumbüro, sind Vorhänge einen Versuch wert. Wenigstens temporär können so durch wenige Handgriffe luftige Meetingräume geschaffen werden, für Phasen der Konzentration kann man sich in ein für kurze Zeit eingerichtetes Einzelbüro zurückziehen und doch sitzt man nicht abgeschottet von den Kollegen. Best of both worlds. Vorhänge sei Dank.
2 Ruhe bitte!
In den Flugzeugen und Bahnen sind in den letzten Jahren vermehrt Geschäftsleute zu beobachten, die große Kopfhörer tragen, wie man es eher von Hiphop hörenden Jugendlichen kennt. Witzig sehen die Geschäftsreisenden aus, wie sie da in ihren Anzügen angestrengt in ihre Computer starren – noch witziger, wenn man sich vorstellt, dass ihnen dabei lauter Gangsterrap in die Gehörgänge bellt. Aber eigentlich sind diese überdimensionierten Mickey-Mouse-Ohren eher vergleichbar mit dem neongelben Hörschutz, den der Bauarbeiter beim Bedienen des Presslufthammers aufsetzt: Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei den Reisebegleitern um Noise-Cancelling Headphones handelt, ist ziemlich hoch. Diese Kopfhörer sind mit Mikrofonen an den Außenseiten versehen, die den Geräuschpegel der Umgebung messen und das gemessene Schallsignal in den Kopfhörer geben – nur eben mit entgegengesetzter Phasenlage, so dass sich die beiden Geräusche (Lärm draußen/Gegensignal drinnen) aufheben. So entsteht in dem Kopfhörer Stille, die man mit Musik füllen kann, aber nicht muss. Wer sich einmal an das Reisen mit diesen Kopfhörern gewöhnt hat, dem wird es schwer fallen jemals wieder ohne sie ein Flugzeug oder eine Bahn zu besteigen. Denn gerade die tieferen Frequenzen, die Flugzeugmotoren und Bahnschienen verursachen, verschwinden fast vollständig. Leider ist die Wirkung im Büroalltag weniger spektakulär: Die Geräusche der Kollegen werden zwar gedämpft, aber die höherfrequenten Schallwellen kann heutige Noise-CancellingTechnologie noch nicht in völlige Stille verwandeln. Im Büro gilt also statt new tech weiterhin old school: Einfach Hiphop laut aufdrehen.
3 LUXus
Sobald der Sommer vorbei ist und wir wieder erst an unseren Zeitmessern und dann an unserer inneren Uhr drehen müssen, wird uns unser eigener Biorhythmus wieder schmerzhaft bewusst: Das Aufstehen wird zur Qual, Körper und Umwelt sind nicht mehr aufeinander abgestimmt. Wie bei einem Mini-Jetlag schaffen es die meisten von uns aber relativ schnell sich jedes Jahr aufs Neue anzupassen. Es gibt Ausnahmefälle, die ihren Alltag ganz nach ihrem zeitversetzten circadianen Rhythmus organisieren – länger Schlafen heißt hier nicht gleich weniger Arbeiten, sondern freiwillige Nachtschichten zu schieben, ohne müde zu werden. Für den normalen Menschen ist aber der Tagesablauf und mit ihm die Tageslichttemperatur mit körperlichen Reaktionen gekoppelt. So wird morgens die Melatoninausschüttung gestoppt, es erhöht sich die Wachsamkeit im Laufe des Vormittags und man erreicht die beste kardiovaskuläre Effizienz am späten Nachmittag. Dieser Rhythmus wird zunehmend von immer gleichbleibenden Bildschirmlicht durcheinandergebracht und führt zu körperlichen Problemen. Abhilfe schaffen können inzwischen intelligente Leuchten oder Apps für Computer und Mobiltelefone – oder eben die fast leere Batterie unserer Endgeräte, die dann zumindest unsere Bildschirme ausnahmsweise einmal vor uns einschlafen lässt.
4 Biotopia
Nachdem die Großstädter jede verfügbare Freifläche in Hochbeete verwandelt haben und die Wochenenden in ihren Gehöften im Umland verbringen, um dort ihrer neu gewonnenen Landlust zu frönen, kultivieren sie nun ihren grünen Daumen auch in ihren Büros: Treibt man sich ein wenig auf Lifestyleblogs, bei Instagram und Pinterest herum, ist zu beobachten, dass sich die Arbeitsumgebung der hippen Stadtbewohner zunehmend in botanische Gärten verwandelt. Reichte es den Agenturen, Kreativbüros und Beraterfirmen früher noch aus, auf ihren Sideboards, Schreibtischen und Küchentheken strategisch clever ein paar kleine Pflänzlein und Kakteen zu drapieren, kommt heute keine angesagte Firma oder Lifestyleshop ohne mindestens eine vollbegrünte Wand und einen kleinen kultivierten Dschungel aus Farnen, Gummibäumen und Zwergpalmen aus. Es ist zwar fraglich, ob diejenigen, die in diesen stylischen Büros arbeiten, denn auch wirklich die langfristige Pflege der Pflanzen mit gleicher Hingabe betreiben, wie das Posten ihrer grünen Büromitbewohner in den sozialen Medien, doch: Das Raumklima erlebt jenseits der ästhetischen Komponente definitiv ein gesundheitlich relevantes Update.
5 Weitblick
Wenn wir unsere vielen Fenster auf unseren Bildschirmen schließen, eröffnet sich bei so manchem Computer ein Blick in die Ferne: Bei Microsoft war es bis vor kurzem noch eine sanfte Hügellandschaft, beim Mac bestaunen wir die Gipfel des Lone Pine Peak Mountain. Während die Bildschirmfenster auch als sprichwörtliches Fenster in die digitale Welt verstanden werden können, ersetzten die vorinstallierten Hintergrundbilder einmal mehr den echten Ausblick aus dem Bürofenster. Vielleicht weil dort sowieso nur eine triste, graue Stadtkulisse auf uns wartet. Die Wahl von Naturbildern als Ort, an dem sich unsere Augen ausruhen und durch Wechsel von Nah- auf Fernsicht erholen können, kommt nicht von ungefähr. Seinen Blick und seine Gedanken während einer Zugfahrt oder einem Flug aus dem Fenster schweifen zu lassen, ist eine Form von Konzentration, die genauso beim Blick aus dem Bürofenster erfolgen kann. Forscher von der Universität Melbourne wollen nachgewiesen haben, dass allein schon ein kurzer Blick von 40 Sekunden auf eine natürliche Umgebung ausreicht, um dem Gehirn wieder auf die Sprünge zu helfen. Wichtig für den regenerativen Wert des Ausblicks ist dabei allerdings der Blick ins Grüne und nicht in die Betonwüste.
6 Büro-Rodeo
Bürostühle sind wahrlich keine Schönheiten. Machen Sie einmal den Test und stellen Sie einen Bürostuhl in Ihr Wohnzimmer. Egal wie teuer und aufwändig gestaltet – es gibt kein Möbel der Bürowelt, das so unpassend in jedem anderen Umfeld aussieht, wie dieser ergonomisch geformte Stoffüberzug auf Rollen. Aber der Bürostuhl kann Quell ungeahnter Freuden werden, wenn er in seinem natürlichen Habitat für kollegiale Spiele zur Überbrückung langer Arbeitsalltage als Aktivator in ein Spielzeug ungeahnter Vielfalt verwandelt wird. Nützliches Utensil für die Durchquerung des gesamten Büros ohne den Boden zu berühren, bestens für Rennen durch Büroflure geeignet und ideal für diejenigen, die an ihre Jugendzeiten in Oxford oder Cambridge anknüpfend im Ruderboot (Vierer mit Steuermann) die Bürolandschaft durchfahren wollen.
7 Auf steht`s
Der moderne Büroarbeiter steht heute. Oder besser: Hat dank eines höhenverstellbaren Tisches zumindest die Option im Stehen zu arbeiten. Und ja, es spricht einiges dafür nicht im Sitzen zu arbeiten, wie man in dem Buch “Sitzen ist das neue Rauchen” des Physiotherapeuten Dr. Kelly Starrett nachlesen kann: Man bewegt sich mehr, verlagert das Gewicht vom einen Bein auf’s andere, was wiederum der Wirbelsäule guttut, setzt sich leichter in Bewegung, unterbricht das starre Harren vor dem Bildschirm öfter für kleine Ausflüge in die Teeküche und Besuche bei Kollegen… in der Theorie. Denn in der gelebten Büropraxis unterscheiden sich diese übermotorisierten, höhenverstellbaren Tischmaschinen dann doch kaum von ihren unbeweglichen Vorgängern: Sie verbleiben trotz aller Bewegungsangebote auf Sitzhöhe – so wie ihr moderner Besitzer. “Das Stehen ist einfach keine ernstzunehmende Arbeitshaltung und viel zu anstrengend.” So oder so ähnlich denkt der moderne Büroarbeiter abends in der Bar – in der das Rauchen ja auch schon lange verboten ist – während er an der Theke lehnend seinem Rücken einen Moment der Entlastung vom ermüdenden Büroalltag gönnt.
8 Wisch und weg
Es hat die Erfinder des Computers viel Überzeugungsarbeit gekostet, bis wir es akzeptiert haben, in einen Monitor zu starren und die dort möglichen Aktivitäten mit Maus und Tastatur, zwei völlig widernatürlichen und unergonomischen Bewegungsabläufen, zu steuern. Wie war das möglich? Durch Übertragung von Alltagslogiken in sogenannte Human Maschine Interaktion. Ohne die Analogie zum Postverschicken und Wellenreiten hätten wir uns schon vor langer Zeit von den Bedienelementen enttäuscht abgewendet, aber so akzeptierten wir diese neue Art der Welterschließung. Aber bis heute ist uns die Trinität aus Bildschirm, Maus und Tastatur fremd geblieben. Mit Hochdruck wird im Silicon Valley an seiner Abschaffung gearbeitet. Wir können es kaum erwarten, endlich mit natürlichen Gesten das zu steuern, was für uns heute die Welt bedeutet. Doch bleibt dabei die Frage: Was ist denn heute noch natürlich? Wenn wir ein Kleinkind beim verzweifelten Versuch beobachten das Programm eines Fernsehers per swipe oder touch zu wechseln, können wir uns da gar nicht so sicher sein...
9 Ein Apfel am Tag...
Blaubeeren, Grünkohl, Qinoa, Goji-Beeren, Kakao, Chia-Samen – allesamt sind uns auch als ‘Superfoods’ bekannt. Ohne Frage sind diese Nahrungsmittel gesund, aber eben nicht unbedingt gleich um so vieles besser, wie es der Begriff suggerieren möchte. Hier handelt es sich nämlich um den Versuch der Nahrungsmittelindustrie die Health Claims Verordnung der EU zu umgehen, die haltlose Gesundheitsversprechen verbietet. Der Begriff “Super” impliziert nämlich eine generelle Überlegenheit ohne konkrete Aussage dazu, in welcher Weise diese zustande kommt. Kein Wunder also, dass beim Vergleich mit diesen sogenannten Superfrüchtchen der gute alte Apfel im Regal liegen bleibt - und das, obwohl er Pectin, das Blutdruck und Glukosespiegel senkend wirkt oder Boron, das für Knochen und Gehirn gut ist, enthält. Gleichzeitig reinigt er beim Essen die Zähne und tötet Mundbakterien. Zudem enthält ein Apfel wenig Kalorien und Sodium, ist dafür aber reich an Ballaststoffen und Vitamin C und hält seine Nährstoffe sehr lange - bis zu 200 Tage. Der Apfel gehört also auf jeden Fall in die Obstschale Ihres Büros – natürlich neben anderen Früchten, denn vor allem kommt es auf die Ausgewogenheit der Ernährung an.
10 Wasserstoff-Tankstelle
Dieses eigentümliche Gluckern, das von irgendwo aus der Ferne des Büroflurs herüberspült, ist fast vollkommen verschwunden. Und mit diesem Gluckern auch sein Urheber – der Wasserspender. Die wasserköpfige Apparatur wurde im herkömmlichen Büroalltag weniger für die (teilweise zweifelhafte) Qualität ihres Produkts, als denn für ihre soziale Komponente geschätzt – so sehr sogar, dass sich der informelle Austausch zwischen Kollegen am Wasserspender als sogenannter “water cooler talk” auch im alltäglichen Bürosprachgebrauch etablierte. Doch dann brach die Zeit der Markenwasser an und die Kühlschränke der modernen Büros füllten sich mit Wasserflaschen: “Evian”, später dann “Fiji” oder “Voss” und unzählige andere Marken trieben die Preise in ungeahnte Höhen und etablierten das Wassertrinken als Lifestyleentscheidung. Inzwischen hat sich der Hype um das Wasser wieder etwas gelegt und auch in den coolsten Offices finden sich wieder ganz bodenständige Brita-Wasserfiltersysteme, die das Leitungswasser ein wenig von Kalk befreien, sonst aber auf jede Aufregung verzichten. Doch der nächste Trend steht schon wieder vor der Bürotür: Die in Berlin ansässige Firma Leogant hat sich der Aufgabe verschrieben, durch ausgeklügelte Filterungsprozesse herkömmliches Leitungswasser in erquickendes Quellwasser zu verwandeln, denn - wie die Firma auf ihrer Website schreibt – “sauberes Wasser ist noch lange kein gesundes Wasser”. Stellen Sie sich also schonmal darauf ein, dass Sie sich in näherer Zukunft mit ihren Kollegen um’s Waschbecken in der Küche versammeln, um bei frischem Quellwasser den “Water Cooler Talk 2.0” zu führen.
11 Kleiner Hunger
Der Snack ist eine ebenso gefährliche wie beliebte Zwischenmahlzeit. Gefährlich, weil der Snack suggeriert im Vorbeigehen, ohne Zeitaufwand genossen werden zu können und genau deshalb so beliebt ist – besonders im stressigen Büroalltag, wo auf die Mittagspause am ehesten verzichtet werden kann, wenn die Luft brennt. Die Geschichte des Snacks ist die Erfolgsgeschichte eines Underdogs: Die ersten “Snacks” – Erdnüsse, Knabberbrezeln, Popcorn – wurden in den USA im späten 19. Jahrhundert aufgrund ihrer unhygienischen Herstellungs- und Verkaufsweise auf den Straßen vom Bürgertum gemieden und waren als “Unterklassenfraß” verpönt. Doch spätestens in den Wirtschaftswunderjahren der 1950er konnten sich auch die Bürgerlichen der Attraktion der Zwischenmahlzeiten nicht mehr entziehen und belohnten sich für jede Stunde vor dem Fernseher mit Popcorn, Chips und allerlei anderen Leckereien. Und auch die Arbeitswelt hat schon lange reagiert: Von der Snackbox bis zur Obstschale wird in vielen Büros der nachmittägliche Impuls zur Zwischenmahlzeit mit kleinen Angeboten kompensiert. Und dabei gilt bis heute: Je zuckriger und ungesünder, desto beliebter, denn auch wenn gesunde Snacks wie Nüsse und Früchte eine langanhaltendere Konzentrationssteigerung bewirken, ist es doch eher der Schokoriegel, der den Nachmittag versüßt.
11 Machen oder machen lassen?
Wie schön war das damals, als man noch mit einem frisch gespitzten Bleistift der Härte HB nach getaner Arbeit den entsprechenden Punkt auf seiner handgeschriebenen Aufgabenliste durchstreichen konnte. Das erledigte Werk blieb so auch im durchgestrichenen Zustand noch als Zeuge der vollbrachten Leistung sichtbar und konnte so Genugtuung erzeugen – long gone! In Zeiten der digitalen To-Do-Listen, die uns in unglaublicher Vielfalt in App-Stores zur Verfügung stehen, verschwinden erledigte Aufgaben auf Nimmerwiedersehen im Online-Nirvana. Und wenn ein Programmierer uns doch nicht um das Gefühl etwas geschafft zu haben bringen wollte und der Task daher durchgestrichen sichtbar bleibt, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er in eine von vielen parallel geführten To-Do-Listen unsichtbar wird. Oder er fristet dort sein Dasein zusammen mit Aufgaben, die wohl nie bearbeitet werden. Immer mehr und immer längere Listen, auch gerne synchronisiert und mit anderen geteilt, verfehlen immer häufiger ihren eigentlichen Zweck. Daher gibt es eigentlich nur das Zurück zur einfachen, handgeschriebenen Liste, gültig nur für einen Tag. Denn was man nicht schafft, liegt dann eben am nächsten Tag als Mahnung vor einem und verschwindet nicht unauffällig in den unzähligen digitalen (Never)-To-Do-Listen.
12 Erstmal tief durchatmen
“Moment! Erst einmal ganz tief durchatmen…” Wenn wir diese Worte hören, wissen wir genau: irgendetwas läuft ganz und gar nicht so wie es sollte. Der Situationsstress ist direkt spürbar und man möchte aufgrund der Spannung seinen Atem anhalten. Interessant sind hierbei weniger die Ursachen oder die möglichen Folgen, sondern der Ratschlag, über kontrolliertes Atmen wieder Herr bzw. Frau der Lage zu werden. Tief durchatmen steht nämlich im direkten Gegensatz zur schnellen flachen Atmung, wie man sie unter Stressbedingungen oder in Paniksituationen kennt. Das Prinzip der Ursache und Wirkung wird hier umgedreht. Nicht der Stress verursacht schnelles Atmen, sondern andersherum. Daher ist es auch möglich, gezielt über langsames und tiefes Ein- und Ausatmen dem Körperstress entgegenzuwirken. Beim Yoga ist daher auch die richtige Atemtechnik zentraler Bestandteil aller Übungen. Daher kann auch regelmäßiges Meditieren zu verbesserter Konzentration beitragen. Allerdings reicht bereits tiefes Durchatmen aus, um effizienter zu arbeiten und seine innere Ruhe zu behalten.
13 Däumchen drehen...
Unsere Gegenwart wird momentan von einer neuartigen Form des Zeitgebens vermessen: Dem Buffering-Icon. Damit gemeint ist dieses bunte Rad, das sich immer dann anfängt zu drehen, wenn vermeintliche Ladeprozesse die aktuelle Wiedergabe von digitalen Inhalten gerade verhindern. Das Ladesymbol soll uns entspannen, uns die Möglichkeit geben, uns kurz zurückzulehnen, einen Moment der Passivität zu erfahren, während unsere Aufmerksamkeit aber weiter bei dem kleinen drehenden Rad verweilt und nicht irgendwo anders hin abschweifen kann. Stattdessen ist das kleine Rädchen aber vom Bürohypnotiseur zum Panikmacher mutiert. Oh, no! Habe ich gespeichert? Geht’s überhaupt weiter? Steht der Zusammenbruch bevor? Der Absturz? Aber eigentlich sollten wir diese kleinen Momente wertschätzen, uns von der Gewissheit umspülen lassen, dass da Draußen im von uns völlig losgelösten Zeitenmeer, etwas passiert, was uns einen Moment des Durchatmens gönnt. Buffern ist Lebensqualität! Das nächste Mal, wenn wir warten müssen, sollten wir es als Angebot zur Kurzmeditaion begreifen und uns entspannt zurücklehnen. Einatmen, ausatmen, einatmen...
14 Scheitern bitte
Der Schriftsteller Samuel Beckett wird gern mit dem Aphorismus zitiert: “Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better.” Dieses “Bessere Scheitern” könnte man heute auch als Credo der US-amerikanisch inspirierten Start-Up-Kultur bezeichnen, die sich inzwischen in den Großstädten der Welt in Inkubatoren zusammenfinden, um eine Idee nach der anderen auf der Suche nach dem “Unicorn” – der einen großen Idee wie Facebook, Instagram oder Snapchat – scheitern zu lassen. Inzwischen gibt es schon so viele gescheiterte Jungunternehmer, dass sich ein Unternehmen gegründet hat, das diesen nun wieder eine Plattform bietet: Das schnell wachsende Unternehmen “Fuck-up Nights” veranstaltet auf der ganzen Welt Abende, an denen von nichts anderem als dem eigenen Scheitern berichtet wird – unterhaltsam vorgetragen, von einem johlenden Publikum begleitet. Vielleicht wäre das eine neue Idee für das unternehmensinterne Teambuilding: Statt sich gegenseitig von Erfolgen zu berichten, lieber denjenigen auf die Schulter klopfen, die ihr eigenes Versagen am Eindrucksvollsten rüberbringen können. So kann man ganz nebenbei auch das “Besser-Scheitern” lernen.
15 Gut gemacht!
Viel wurde schon über die Eigenarten der sogenannten Millennials und insbesondere über ihre Vorstellung zum idealen Büro geschrieben: Mehr Sinnhaftigkeit im Tun sei nötig, eine gute Work-Life-Balance und natürlich eine flache Hierarchie – wenn überhaupt eine, dann nicht im tradierten Gewand. Aber ob flach oder nicht, wenn Führung als Tätigkeit und nicht allein als Rang begriffen wird, ist schon ein wichtiger fundamentaler Schritt getan, weg vom Hierarchiegedanken, der Rang und Führung direkt miteinander verbindet, und nur allzu oft Führungskompetenz vermissen lässt. Und gerade diese wird weiterhin und deutlich eingefordert. Flache Hierarchien sind zwar beliebt, aber eben auch, weil Chefs in diesen Strukturen besonders gut führen können müssen. Führen verlangt vollen Einsatz, Leidenschaft, Fokus und Kompetenz. Fehlt letztere, lässt sich dies heute eben nicht mehr so einfach hinter einem Titel verstecken. Mit gutem Beispiel vorangehen, sich dafür nicht zu schade zu sein, zu wissen, was zu tun ist und vor allem, was zu tun sein wird und dies erklären zu können ist es, was gute Führung ausmacht. Nur dadurch entsteht Respekt, ganz ohne Rang und Namen, Millennial hin oder her.
16 Hier sitz` ich!
Dichte, Gedrängtheit und Platzmangel belasten uns. Da haben wir eine angeborene Empfindlichkeit. Auch Tiere, die man auf engem Raum zusammenpfercht, leiden unter der Situation und zeigen eine erhöhte Anfälligkeit für verschiedenste Erkrankungen und eine höhere Sterblichkeit. In der Landwirtschaft und Tierzucht ist das bekannt. Auch wir Menschen zeichnen uns dadurch aus, dass wir es nicht allzu eng mögen. Im Durchschnitt gilt eine Armlänge als allgemeiner Wohlfühlabstand zwischen zwei Menschen. Je nach der Vertrautheit zu einem Mitmenschen und je nachdem, wie formal eine Kontaktsituation ist und auch je nach Kultur bevorzugen wir aber unterschiedliche Abstände. Was passiert, wenn sich zur kulturellen Akzeptanz noch die vorherrschenden Immobilienpreise auf die jeweilige Mitarbeiterdichte in Büros auswirken, kann man in Hong Konger Büroetagen hautnah erleben. Dort steigt die Belegschaftsdichte schonmal gerne auf das Doppelte bis Dreifache der in Europa akzeptierten Dichte. Aber ob im Büro in Hong Kong oder New York oder in einem populären Co-Workingspace in Berlin-Mitte, entscheidend ist am Ende, ob man ausreichend Ausweichmöglichkeiten angeboten bekommt, wie zum Beispiel Homeoffice oder einen Meeting-Raum und natürlich der gesittete Umgang mit seinen Kollegen. Rücksicht kann der größte Stresslinderer sein!
17 Mach mal halblang
Ein Leben ohne Stress kann es gar nicht geben. Auch wäre das nicht gut, denn evolutionsbiologische betrachtet, ist es eben der Stress, der uns anregt, uns antreibt Neues zu probieren, weiterzukommen. Das gilt auch für Stress im Beruf: Punktueller Stress, der kommt und geht, ist gut für unsere Produktivität und Kreativität. Schwierig wird es dann, wenn der Stress sich in die Routinen des Arbeitsalltags einschleicht und dauerhaft wird. Dann kommt es zu Stressfolgeerkrankungen, die auch physischer Natur sein können: Energiestoffwechsel, Immunsystem und Hormonhaushalt geraten durcheinander. Sind wir einmal in diesem Dauerstress gefangen, wird auch die Fahrt mit dem Auto oder der Bahn von der Arbeit nach Hause zum Stresserzeuger, die negativen Effekte potenzieren sich. Wie kommt man da wieder raus? Die so naheliegende wie einfache Lösung: Körperliche Bewegung. Wer regelmäßig joggen geht oder Fahrrad fährt, kann oft schon dadurch aus dem Dauerstress ausbrechen. Ganz nebenbei bekommt er eine Portion Glücksgefühl spendiert und das Gehirn bedankt sich für die Extraportion Sauerstoff mit Ideen, Erinnerungen an fast vergessene Termine oder der Wiederaufnahme von liegengebliebenen Gedankengängen.
18 Trimm Dich!
Als die Wohlstandsbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland in den 70er Jahren die Folgen des Wirtschaftswunders durch Übergewicht und Herzinfarkte regelrecht zu spüren bekam, wurde die Trimm-dich-Bewegung ins Leben gerufen. Trimmy, das Maskottchen der Bewegung, empfahl: Lauf mal wieder! Überall wurden Jogging-Pfade mit Bewegungsparcours aus der Taufe gehoben, um die Leute aus ihren Sofas in den Wald zu locken. Eine ähnliche Bewegung zeichnet sich zurzeit in der modernen Bürowelt ab. Büromöbelhersteller bieten ein immer breiteres Spektrum an ergonomischen Stühlen und Tischen an, um den still sitzenden Büromenschen zu mehr Bewegung zu veranlassen. Aber auch ohne den neusten Stuhl oder Stehtisch kann man seinem Körper etwas Gutes tun. Ähnlich den Anleitungen gegen Thrombose auf einem Langstreckenflug findet man viele Übungsbeispiele, die sich auf kleinstem Raum und in der Büroumgebung leicht ausführen lassen. Wie beim Joggen auf dem Trimm-Dich-Pfad ist es allerdings nötig, seinen inneren Schweinehund zu überlisten und die Bürogymnastik regelmäßig zu machen. Hierbei kann schon eine kleine App helfen – also keine Müdigkeit vorschützen!
19 Mitarbeiter des Monats
McDonalds macht es uns vor: Hier sehen wir den “Employee of the Month” direkt beim Bestellen unseres Happy Meals. Ob der so gewürdigte Mitarbeiter denn auch happy darüber ist, hat viel damit zu tun, wie ehrlich die Auszeichnung ist. War es nur eine Frage der Zeit bis er an die Reihe kam oder hat derjenige auch wirklich Ausgezeichnetes geleistet? Neben dem Jahresbonus und einer Gehaltserhöhung ist die Anerkennung im Büro eine Hauptantriebskraft für gute Leistungen. Jeder Mensch möchte geschätzt werden und dies geschieht im Job eben einmal durch die Arbeit. Fehlt hier die Wertschätzung, kann es zur Resignation und einer inneren Kündigung kommen, der SuperGAU für jeden Arbeitgeber. Dieses Grundbedürfnis macht dann aber auch nicht vor der Führungskraft halt – auch wenn die Medien loben, kann der ausbleibende Respekt von Berufskollegen trotz Berühmtheit und Reichtum zu Mangelerscheinungen führen. “Peer recognition” heißt das im Englischen und trifft ins Schwarze. Wahre Anerkennung für die Essenz seines Tuns, darum geht es den meisten Menschen. Trotzdem darf auch mal zwischen den großen Etappensiegen gelobt werden.
20 Träum weiter
Beruf oder Berufung? Was ist der Unterschied zwischen Beruf und Arbeit? Ganz einfach ausgedrückt ist unser Beruf das, was wir erlernt oder studiert haben. Die Arbeit selbst erweist sich dann aber bald ganz konkret als die Tätigkeit, für die man täglich im Büro bezahlt wird. Hier kann eine Übereinstimmung mit dem Beruf vorliegen, muss es aber nicht. Sehr oft ist es so, dass der Anteil an Tätigkeit, für die man brennt, auf nur zehn Prozent der Arbeit schrumpft und der Rest für Verwaltung und Abarbeiten von Routinen benötigt wird. Hier kann es schnell zum Boreout kommen: Als Boreout-Syndrom (von englisch boredom ‚Langeweile‘) bzw. Ausgelangweilt-Sein wird ein Zustand ausgesprochener Unterforderung im Arbeitsleben bezeichnet, der bislang eher in den Medien als im wissenschaftlichen Bereich unter dem Aspekt eines Krankheitsbildes diskutiert wird. Boreout wird als paralleles Gegenstück des Burnout-Syndroms charakterisiert, das selbst in den Burnout münden kann. Wichtig ist es, hierzu eine gesunde Einstellung zu entwickeln und das Nötige nicht als belastend zu empfinden, sondern als elementaren Teil eines gesamten Systems zu begreifen. Oft ist es auch eine Frage der Einstellung und des Offenbleibens für das Erlernen von neuen Fähigkeiten. Wer hier geistig flexibel bleibt, beugt damit effektiv einem Boreout vor.
Titel Das Gesunde Büro
Herausgeber Messe Frankfurt Exhibition GmbH
Paperworld, Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt am Main
Konzept André Schmidt, MATTER Büro für Architektur und Städtebau
Gestaltung Luciana Siggel
Redaktion/Text Ludwig Engel, André Schmidt
Interview Ludwig Engel, Interview mit Mazda Adli
Übersetzung Alan Connor
Druck Messe Frankfurt Medien und Service GmbH
Copyright Messe Frankfurt Exhibition GmbH 2018
Was ist ein gutes Büro? Und was dazu noch ein gesunder Arbeitsplatz? Manchmal hilft es, das Gegenteil zu untersuchen, um Antworten auf seine Fragen zu bekommen. Was also macht ein schlechtes Büro aus? Ist es der überbordende Schreibtisch, an dem man viel zu lange auf einem alten Bürostuhl bewegungslos sitzt? Ist es die schlechte Luft und die viel zu geringe Beleuchtung, die einen müde machen, trotz des vielen Kaffees? Sind es die telefonierenden Kollegen, wegen denen man dauernd die Konzentration verliert oder das Gefühl, das die Arbeit sinnlos ist und man deshalb schon innerlich gekündigt hat? Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die dazu führen, dass wir gestresst sind, uns der Kopf oder Rücken weh tut oder wir psychisch leiden. Auf die ein oder andere Art führt dies zum Rückgang unserer Produktivität und einem verminderten Wohlbefinden. Im schlimmsten Fall werden wir sogar krank.
Um dies zu vermeiden, zeigen wir hier die wichtigsten Aspekte auf und geben Gedankenanstöße zu Verbesserungen der eigenen Bürowelt.
The Good, the Bad and the Healthy
Bürosprüchen wie „Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger!“ sind wir alle schon einmal begegnet. Es gibt unzählige Varianten davon. Manche haben den Chef auf dem Kieker, einige bemängeln das Arbeitspensum und die gestellten Aufgaben, andere nehmen sich die Kollegen vor.
Ihnen allen ist gemeinsam, dass es im Kern um Stressfaktoren geht, die sich aus Über- oder Unterforderung, aus Hierarchiestrukturen, der Arbeitsorganisation und dem Zusammen- oder Gegeneinanderarbeiten im Team ableiten lassen. Und Stress kann, wenn er als negativ empfunden wird, krankmachen. Das führt in der Konsequenz immer häufiger zu Burn-Out und Depressionen.
Stress gilt aber nicht als einziger Faktor, der uns im Büro krankmachen kann. Das kristallisierte sich bei unseren Vorüberlegungen für die Konzeption der Sonderschau Büro der Zukunft auf der Fachmesse Paperworld zum Thema „Das gesunde Büro“ heraus. Wir stellten uns zunächst die Frage, was uns eigentlich krankmacht. Nach eingehenden Recherchen identifizierten wir Bereiche, die entweder zu einem schlechten oder gesunden Büroklima beitragen können. Zusätzlich lassen sich diese sechs Bereiche „Büroraum“, „Möblierung“, „Ernährung“, „Arbeitsweise“, „Kollegen und „Aufgaben“ und die „Arbeit an sich“ einer „weichen“ oder „harten“ Kategorie zuordnen.
Zu den weichen Faktoren zählen die Arbeitsweise, die Kollegen, die Mitarbeiter- und Hierarchiestruktur sowie die eigentliche Aufgabe, für die man verantwortlich ist. Zu den harten Faktoren gehören der Büroraum selbst, seine Möblierung im engeren und weiteren Sinne sowie Ernährungsoptionen für die Mitarbeiter. Ausgehend vom Wissen um die harten und weichen Faktoren und die sechs Bereiche lassen sich bestehende Bürosituationen präziser verbessern oder neue Bürolandschaften entwerfen.
Beispiel Büroraum: Raumakustik, Luftqualität, Beleuchtung beziehungsweise natürliche Belichtung sowie Begrünung sind die wesentlichen Aspekte, die maßgeblich ein gutes Arbeitsumfeld bestimmen. Hinzu kommt eine geschickte Raumaufteilung, um auf die Bedürfnisse von konzentrierter oder kommunikativer Arbeit eingehen zu können.
Was in den vom Quickborner Team geplanten Bürolandschaften in den 60er-Jahren seinen Anfang nahm und sich bis hin zu heutigen Großraumbüros oder Zellenbüros fortsetzt, muss konsequent weitergedacht werden. Heute geht es darum, die Vorteile von Einzel- und Großraumbüros gekonnt zu verschmelzen. Einzelne Zonen anstelle eines großen Raums sind das Ziel. Mittels informeller Meetingbereiche, akustisch geschützter Telefonzellen, Besprechungslounges, Lesezonen und Teamküchen entstehen viele Arbeitsplätze unterschiedlicher Qualität, die die Mitarbeiter abhängig von der momentanen Aufgabe aufsuchen können. Im Idealfall wechseln sie mehrmals am Tag den Arbeitsplatz.
Dadurch soll das dauernde Sitzen an derselben Stelle vermieden werden. Zwar haben reine Steharbeitsplätze ebenfalls Nachteile, aber sie erleichtern es doch deutlich, mal aufzustehen, zu Kollegen zu gehen, um kurz etwas zu besprechen, oder in einen anderen Bürobereich zu laufen. Das fällt vom Sitzen aus schwerer. Umso wichtiger ist es, die Bequemlichkeit des Sitzens durch möglichst viele Anreize aufzubrechen.
Womit wir beim zweiten Bereich, der Möblierung angekommen wären. Fast alle großen Büromöbelhersteller haben das Thema Ergonomie verinnerlicht. Davon zeugen zahlreiche Sitzmöbel, die den Körper entweder in die richtige Haltung bringen oder den Benutzer durch gezielte Instabilität zum aktiven Sitzen anregen. Seit erkannt wurde, welche Vorteile das Arbeiten im Stehen bietet, vergrößert sich die Auswahl an Tischen, die von einfachen, mechanisch verstellbaren Modellen bis hin zu elektrisch steuerbaren Exemplaren reicht, die individuelle Höhenprofile speichern können. Neben diesen klassischen Büromöbeln halten immer häufiger alternative Sitz- und Stehgelegenheiten in moderne Büros Einzug. Diese Entwicklung unterstützen Zonenkonzepte, die darauf basieren, dass die Einrichtung der Bürowelt genügend Abwechslung bietet.
Im weitesten Sinne zur Möblierung zählen auch die Tastatur, die Maus und der Bildschirm. In technischer Hinsicht entsteht hier viel Neues. Man denke etwa an Produktentwicklungen wie Meetingwände mit interaktiven Projektionsflächen. Der Übergang von der digitalen Eingabe hin zur direkten Projektion lässt auf eine immer weiter fortschreitende und nahtlosere Verschmelzung von realer, haptischer Welt und digitaler Oberfläche hoffen. Mit digitalen Stiften bahnt sich diese Entwicklung bereits an.
Ganz und gar nicht digital, aber ebenfalls im Trend liegt das Revival der Büropflanze. Zunehmend mehr Büros geraten fast zum Dschungel und sorgen so zum einen für eine, wenn auch geringe Verbesserung des Raumklimas, zum anderen bilden sie eine wohltuende optische Oase für gestresste Bildschirmaugen.
Als dritter wichtiger Faktor trägt die Ernährung zum gesunden Büro bei. Kannenweise Filterkaffee mit Kaffeesahne und gezuckerte Softdrinks begleiten oft den Büroalltag. Am Freitagabend werden diese Getränke durch viele Gläser Bier und Wein ersetzt – so zumindest das Klischee. Schlechte Essgewohnheiten tun ihr Übriges. Dabei kann sich die richtige Ernährung effizient und positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Wer mit einem ausgewogenen Frühstück im Magen ins Büro kommt, dort auf Zucker und Koffein weitestgehend verzichtet und mittags ein leichtes Essen zu sich nimmt, bleibt länger fit und frisch im Kopf.
Viele Menschen müssen dafür aber ihre Routinen ändern, was sehr schwierig sein kann. Eine attraktive Gestaltung der Teeküche, die schon immer ein sozialer Treffpunkt innerhalb des Büros war, kann das unterstützen. Die Küche eignet sich hervorragend als Kommunikationsraum und für Ad-Hoc-Meetings.
Hinzu kommen idealerweise weitere Nahrungsstationen innerhalb des Büros, die Obst, gesunde Snacks und Wasser in der Nähe der Arbeitsplätze bereithalten. Es bietet sich auch hier an, diese Orte als temporäre und informelle Treffpunkte zu verstehen, die wiederum Teil des Zonenkonzepts sind. Diese neuen Orte sollten gleich mehrere Funktionen erfüllen, um eine möglichst flexible Nutzung zu ermöglichen und die Akzeptanz zu fördern. Nach diesen drei „harten“, also physischen Faktoren, die zum gesunden Arbeiten beitragen, gilt es, sich die „weichen“, in diesem Fall psychischen Faktoren genau anzusehen. Es geht um Menschen und Denk weisen. Sie sind es, die uns „Stress“ machen und zu einer ganzen Palette an körperlichen Problemen führen können. Das betrifft in besonderer Weise die betriebs- beziehungsweise bürointerne Arbeits organisation. Arbeitszeiten, das Home- Office, Teamgrößen, Entscheidungstransparenz, Mitbestimmung, Arbeitsbelastung, Überoder Unterforderung und die eigene Arbeitsdisziplin – alles potentielle Stressverursacher.
Hier ergibt sich ein großes Potenzial für die Schulung von Mitarbeitern und Führungskräften hinsichtlich ihrer eigenen Arbeits- und Teamorganisation, aber auch mit Blick darauf, die Kommunikation der Beschäftigten zu fördern. Dabei sind die Transparenz von Entscheidungen und das Sicheingebundenfühlen von hoher Bedeutung für das Wohlbefinden im Team. Neben einer klaren direkten oder schriftlichen Kommunikation dienen auch Wandflächen für Projektpräsentationen und eine flexible Arbeitsplatzgestaltung dazu, dass sich Teams informell austauschen können.
Zusätzliche Stressfaktoren können zudem im Team selbst entstehen, nämlich dann, wenn die Chemie zwischen den Kolleginnen und Kollegen nicht stimmt. Oder zwischen Chef und Mitarbeitern. Der oft gehörte Satz „Man geht zu einer Firma und verlässt einen Manager“ spricht Bände. Untersuchungen zeigen, wie eine einzelne Person Stress am Arbeitsplatz auslösen kann. Daher verwundert es in vielen Fällen nicht, dass Manager mit ihren spezifischen Führungsqualitäten die entweder geringen oder hohen Krankenstände mitnehmen, wenn sie ein neues und anderes Team leiten.
Mit Coaching-Lehrgängen für das Führungspersonal und teambildenden Maßnahmen lässt sich hier gegensteuern, verbunden mit dem Anspruch, Hierarchiestrukturen zu überdenken, Fehler zuzulassen und Anerkennung auszudrücken. Das gilt für Vorgesetzte ebenso wie für Teams. Der Verbesserung des Büroklimas dient auch das lockere Beisammensein am Freitagnachmittag, ein Teamabendessen oder ein Büroausflug. Dadurch können sich die Kollegen auf persönlicher Ebene besser kennenlernen, was wiederum dazu beiträgt, Konflikte zu verringern. Und die fast schon klischeehafte Tischtennisplatte im Bürogebäude hilft somit nicht nur, den Mausarm zu verhindern, sondern bringt Menschen spielerisch zusammen.
Auch wenn alle genannten Aspekte berücksichtigt werden und durch entsprechende Maßnahmen eine gute Arbeitsatmosphäre entsteht, bleibt ein wichtiger Faktor, ohne den alles hinfällig wird: die Liebe zur Arbeit, der eigentlichen Aufgabe – der Berufung eben. Werden die weichen Faktoren nicht ernst genommen und fehlt dazu noch der eigene Antrieb, kommt es schnell zur inneren Kündigung.
Das muss aber nicht so sein. Durch Fortbildungen lassen sich Mitarbeiter motivieren. Werden ihre individuellen beruflichen Ziele gefördert, können festgefahrene Situationen aufgebrochen und neue Perspektiven entwickelt werden. Wenn die Arbeit wieder Spaß macht und erfüllt, nehmen die betroffenen Mitarbeiter Mängel als weniger belastend wahr und sie empfinden Stress womöglich als positiv. Zwischenmenschliches wird kollegialer und weniger ernst und verbissen angegangen. Das zeigt sich dann darin, dass im Büro gelächelt oder sogar gelacht wird. Der gesundheitliche Wert einer fröhlichen und damit entspannteren Arbeitsatmosphäre ist daher einfach nicht zu unterschätzen.
1 Teilen und trennen
Für seine Ausstellung “Nationalgalerie” unterteilte der Künstler Thomas Demand den riesigen Glaskasten der Neuen Nationalgalerie in Berlin mit schweren dunklen Samtvorhängen und schaffte in diesem sonst so in die Stadt hineinwirkenden, luftigen Raum eine Intimität und Geborgenheit, die jeder seiner gezeigten Fotoarbeiten eine Aura und Andacht verliehen, wie sie in der Ausstellungshalle kaum vorstellbar war. Der Architekt Arno Brandlhuber verwendete ebenfalls Vorhänge, um die großflächigen Räume seiner “Antivilla” nach Jahreszeit und Witterung in kleinere Klimazonen unterteilen zu können. Durch die Vorhänge konnte zwar in beiden Fällen keine akustische Barriere, geschweige denn ein echter Wandersatz geschaffen werden, aber die Vorhänge wirken in beiden Fällen als visuelle und damit auch als mentale Barrieren, die Zonen der Privatheit in Räumen zu großer Öffentlichkeit schaffen. Moderne Büros sind in ihrer Transparenz, ihren Großräumen und Glasfassaden heute Orte, die Momente der Privatheit kaum erlauben. Aber auch hier, im Großraumbüro, sind Vorhänge einen Versuch wert. Wenigstens temporär können so durch wenige Handgriffe luftige Meetingräume geschaffen werden, für Phasen der Konzentration kann man sich in ein für kurze Zeit eingerichtetes Einzelbüro zurückziehen und doch sitzt man nicht abgeschottet von den Kollegen. Best of both worlds. Vorhänge sei Dank.
2 Ruhe bitte!
In den Flugzeugen und Bahnen sind in den letzten Jahren vermehrt Geschäftsleute zu beobachten, die große Kopfhörer tragen, wie man es eher von Hiphop hörenden Jugendlichen kennt. Witzig sehen die Geschäftsreisenden aus, wie sie da in ihren Anzügen angestrengt in ihre Computer starren – noch witziger, wenn man sich vorstellt, dass ihnen dabei lauter Gangsterrap in die Gehörgänge bellt. Aber eigentlich sind diese überdimensionierten Mickey-Mouse-Ohren eher vergleichbar mit dem neongelben Hörschutz, den der Bauarbeiter beim Bedienen des Presslufthammers aufsetzt: Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei den Reisebegleitern um Noise-Cancelling Headphones handelt, ist ziemlich hoch. Diese Kopfhörer sind mit Mikrofonen an den Außenseiten versehen, die den Geräuschpegel der Umgebung messen und das gemessene Schallsignal in den Kopfhörer geben – nur eben mit entgegengesetzter Phasenlage, so dass sich die beiden Geräusche (Lärm draußen/Gegensignal drinnen) aufheben. So entsteht in dem Kopfhörer Stille, die man mit Musik füllen kann, aber nicht muss. Wer sich einmal an das Reisen mit diesen Kopfhörern gewöhnt hat, dem wird es schwer fallen jemals wieder ohne sie ein Flugzeug oder eine Bahn zu besteigen. Denn gerade die tieferen Frequenzen, die Flugzeugmotoren und Bahnschienen verursachen, verschwinden fast vollständig. Leider ist die Wirkung im Büroalltag weniger spektakulär: Die Geräusche der Kollegen werden zwar gedämpft, aber die höherfrequenten Schallwellen kann heutige Noise-CancellingTechnologie noch nicht in völlige Stille verwandeln. Im Büro gilt also statt new tech weiterhin old school: Einfach Hiphop laut aufdrehen.
3 LUXus
Sobald der Sommer vorbei ist und wir wieder erst an unseren Zeitmessern und dann an unserer inneren Uhr drehen müssen, wird uns unser eigener Biorhythmus wieder schmerzhaft bewusst: Das Aufstehen wird zur Qual, Körper und Umwelt sind nicht mehr aufeinander abgestimmt. Wie bei einem Mini-Jetlag schaffen es die meisten von uns aber relativ schnell sich jedes Jahr aufs Neue anzupassen. Es gibt Ausnahmefälle, die ihren Alltag ganz nach ihrem zeitversetzten circadianen Rhythmus organisieren – länger Schlafen heißt hier nicht gleich weniger Arbeiten, sondern freiwillige Nachtschichten zu schieben, ohne müde zu werden. Für den normalen Menschen ist aber der Tagesablauf und mit ihm die Tageslichttemperatur mit körperlichen Reaktionen gekoppelt. So wird morgens die Melatoninausschüttung gestoppt, es erhöht sich die Wachsamkeit im Laufe des Vormittags und man erreicht die beste kardiovaskuläre Effizienz am späten Nachmittag. Dieser Rhythmus wird zunehmend von immer gleichbleibenden Bildschirmlicht durcheinandergebracht und führt zu körperlichen Problemen. Abhilfe schaffen können inzwischen intelligente Leuchten oder Apps für Computer und Mobiltelefone – oder eben die fast leere Batterie unserer Endgeräte, die dann zumindest unsere Bildschirme ausnahmsweise einmal vor uns einschlafen lässt.
4 Biotopia
Nachdem die Großstädter jede verfügbare Freifläche in Hochbeete verwandelt haben und die Wochenenden in ihren Gehöften im Umland verbringen, um dort ihrer neu gewonnenen Landlust zu frönen, kultivieren sie nun ihren grünen Daumen auch in ihren Büros: Treibt man sich ein wenig auf Lifestyleblogs, bei Instagram und Pinterest herum, ist zu beobachten, dass sich die Arbeitsumgebung der hippen Stadtbewohner zunehmend in botanische Gärten verwandelt. Reichte es den Agenturen, Kreativbüros und Beraterfirmen früher noch aus, auf ihren Sideboards, Schreibtischen und Küchentheken strategisch clever ein paar kleine Pflänzlein und Kakteen zu drapieren, kommt heute keine angesagte Firma oder Lifestyleshop ohne mindestens eine vollbegrünte Wand und einen kleinen kultivierten Dschungel aus Farnen, Gummibäumen und Zwergpalmen aus. Es ist zwar fraglich, ob diejenigen, die in diesen stylischen Büros arbeiten, denn auch wirklich die langfristige Pflege der Pflanzen mit gleicher Hingabe betreiben, wie das Posten ihrer grünen Büromitbewohner in den sozialen Medien, doch: Das Raumklima erlebt jenseits der ästhetischen Komponente definitiv ein gesundheitlich relevantes Update.
5 Weitblick
Wenn wir unsere vielen Fenster auf unseren Bildschirmen schließen, eröffnet sich bei so manchem Computer ein Blick in die Ferne: Bei Microsoft war es bis vor kurzem noch eine sanfte Hügellandschaft, beim Mac bestaunen wir die Gipfel des Lone Pine Peak Mountain. Während die Bildschirmfenster auch als sprichwörtliches Fenster in die digitale Welt verstanden werden können, ersetzten die vorinstallierten Hintergrundbilder einmal mehr den echten Ausblick aus dem Bürofenster. Vielleicht weil dort sowieso nur eine triste, graue Stadtkulisse auf uns wartet. Die Wahl von Naturbildern als Ort, an dem sich unsere Augen ausruhen und durch Wechsel von Nah- auf Fernsicht erholen können, kommt nicht von ungefähr. Seinen Blick und seine Gedanken während einer Zugfahrt oder einem Flug aus dem Fenster schweifen zu lassen, ist eine Form von Konzentration, die genauso beim Blick aus dem Bürofenster erfolgen kann. Forscher von der Universität Melbourne wollen nachgewiesen haben, dass allein schon ein kurzer Blick von 40 Sekunden auf eine natürliche Umgebung ausreicht, um dem Gehirn wieder auf die Sprünge zu helfen. Wichtig für den regenerativen Wert des Ausblicks ist dabei allerdings der Blick ins Grüne und nicht in die Betonwüste.
6 Büro-Rodeo
Bürostühle sind wahrlich keine Schönheiten. Machen Sie einmal den Test und stellen Sie einen Bürostuhl in Ihr Wohnzimmer. Egal wie teuer und aufwändig gestaltet – es gibt kein Möbel der Bürowelt, das so unpassend in jedem anderen Umfeld aussieht, wie dieser ergonomisch geformte Stoffüberzug auf Rollen. Aber der Bürostuhl kann Quell ungeahnter Freuden werden, wenn er in seinem natürlichen Habitat für kollegiale Spiele zur Überbrückung langer Arbeitsalltage als Aktivator in ein Spielzeug ungeahnter Vielfalt verwandelt wird. Nützliches Utensil für die Durchquerung des gesamten Büros ohne den Boden zu berühren, bestens für Rennen durch Büroflure geeignet und ideal für diejenigen, die an ihre Jugendzeiten in Oxford oder Cambridge anknüpfend im Ruderboot (Vierer mit Steuermann) die Bürolandschaft durchfahren wollen.
7 Auf steht`s
Der moderne Büroarbeiter steht heute. Oder besser: Hat dank eines höhenverstellbaren Tisches zumindest die Option im Stehen zu arbeiten. Und ja, es spricht einiges dafür nicht im Sitzen zu arbeiten, wie man in dem Buch “Sitzen ist das neue Rauchen” des Physiotherapeuten Dr. Kelly Starrett nachlesen kann: Man bewegt sich mehr, verlagert das Gewicht vom einen Bein auf’s andere, was wiederum der Wirbelsäule guttut, setzt sich leichter in Bewegung, unterbricht das starre Harren vor dem Bildschirm öfter für kleine Ausflüge in die Teeküche und Besuche bei Kollegen… in der Theorie. Denn in der gelebten Büropraxis unterscheiden sich diese übermotorisierten, höhenverstellbaren Tischmaschinen dann doch kaum von ihren unbeweglichen Vorgängern: Sie verbleiben trotz aller Bewegungsangebote auf Sitzhöhe – so wie ihr moderner Besitzer. “Das Stehen ist einfach keine ernstzunehmende Arbeitshaltung und viel zu anstrengend.” So oder so ähnlich denkt der moderne Büroarbeiter abends in der Bar – in der das Rauchen ja auch schon lange verboten ist – während er an der Theke lehnend seinem Rücken einen Moment der Entlastung vom ermüdenden Büroalltag gönnt.
8 Wisch und weg
Es hat die Erfinder des Computers viel Überzeugungsarbeit gekostet, bis wir es akzeptiert haben, in einen Monitor zu starren und die dort möglichen Aktivitäten mit Maus und Tastatur, zwei völlig widernatürlichen und unergonomischen Bewegungsabläufen, zu steuern. Wie war das möglich? Durch Übertragung von Alltagslogiken in sogenannte Human Maschine Interaktion. Ohne die Analogie zum Postverschicken und Wellenreiten hätten wir uns schon vor langer Zeit von den Bedienelementen enttäuscht abgewendet, aber so akzeptierten wir diese neue Art der Welterschließung. Aber bis heute ist uns die Trinität aus Bildschirm, Maus und Tastatur fremd geblieben. Mit Hochdruck wird im Silicon Valley an seiner Abschaffung gearbeitet. Wir können es kaum erwarten, endlich mit natürlichen Gesten das zu steuern, was für uns heute die Welt bedeutet. Doch bleibt dabei die Frage: Was ist denn heute noch natürlich? Wenn wir ein Kleinkind beim verzweifelten Versuch beobachten das Programm eines Fernsehers per swipe oder touch zu wechseln, können wir uns da gar nicht so sicher sein...
9 Ein Apfel am Tag...
Blaubeeren, Grünkohl, Qinoa, Goji-Beeren, Kakao, Chia-Samen – allesamt sind uns auch als ‘Superfoods’ bekannt. Ohne Frage sind diese Nahrungsmittel gesund, aber eben nicht unbedingt gleich um so vieles besser, wie es der Begriff suggerieren möchte. Hier handelt es sich nämlich um den Versuch der Nahrungsmittelindustrie die Health Claims Verordnung der EU zu umgehen, die haltlose Gesundheitsversprechen verbietet. Der Begriff “Super” impliziert nämlich eine generelle Überlegenheit ohne konkrete Aussage dazu, in welcher Weise diese zustande kommt. Kein Wunder also, dass beim Vergleich mit diesen sogenannten Superfrüchtchen der gute alte Apfel im Regal liegen bleibt - und das, obwohl er Pectin, das Blutdruck und Glukosespiegel senkend wirkt oder Boron, das für Knochen und Gehirn gut ist, enthält. Gleichzeitig reinigt er beim Essen die Zähne und tötet Mundbakterien. Zudem enthält ein Apfel wenig Kalorien und Sodium, ist dafür aber reich an Ballaststoffen und Vitamin C und hält seine Nährstoffe sehr lange - bis zu 200 Tage. Der Apfel gehört also auf jeden Fall in die Obstschale Ihres Büros – natürlich neben anderen Früchten, denn vor allem kommt es auf die Ausgewogenheit der Ernährung an.
10 Wasserstoff-Tankstelle
Dieses eigentümliche Gluckern, das von irgendwo aus der Ferne des Büroflurs herüberspült, ist fast vollkommen verschwunden. Und mit diesem Gluckern auch sein Urheber – der Wasserspender. Die wasserköpfige Apparatur wurde im herkömmlichen Büroalltag weniger für die (teilweise zweifelhafte) Qualität ihres Produkts, als denn für ihre soziale Komponente geschätzt – so sehr sogar, dass sich der informelle Austausch zwischen Kollegen am Wasserspender als sogenannter “water cooler talk” auch im alltäglichen Bürosprachgebrauch etablierte. Doch dann brach die Zeit der Markenwasser an und die Kühlschränke der modernen Büros füllten sich mit Wasserflaschen: “Evian”, später dann “Fiji” oder “Voss” und unzählige andere Marken trieben die Preise in ungeahnte Höhen und etablierten das Wassertrinken als Lifestyleentscheidung. Inzwischen hat sich der Hype um das Wasser wieder etwas gelegt und auch in den coolsten Offices finden sich wieder ganz bodenständige Brita-Wasserfiltersysteme, die das Leitungswasser ein wenig von Kalk befreien, sonst aber auf jede Aufregung verzichten. Doch der nächste Trend steht schon wieder vor der Bürotür: Die in Berlin ansässige Firma Leogant hat sich der Aufgabe verschrieben, durch ausgeklügelte Filterungsprozesse herkömmliches Leitungswasser in erquickendes Quellwasser zu verwandeln, denn - wie die Firma auf ihrer Website schreibt – “sauberes Wasser ist noch lange kein gesundes Wasser”. Stellen Sie sich also schonmal darauf ein, dass Sie sich in näherer Zukunft mit ihren Kollegen um’s Waschbecken in der Küche versammeln, um bei frischem Quellwasser den “Water Cooler Talk 2.0” zu führen.
11 Kleiner Hunger
Der Snack ist eine ebenso gefährliche wie beliebte Zwischenmahlzeit. Gefährlich, weil der Snack suggeriert im Vorbeigehen, ohne Zeitaufwand genossen werden zu können und genau deshalb so beliebt ist – besonders im stressigen Büroalltag, wo auf die Mittagspause am ehesten verzichtet werden kann, wenn die Luft brennt. Die Geschichte des Snacks ist die Erfolgsgeschichte eines Underdogs: Die ersten “Snacks” – Erdnüsse, Knabberbrezeln, Popcorn – wurden in den USA im späten 19. Jahrhundert aufgrund ihrer unhygienischen Herstellungs- und Verkaufsweise auf den Straßen vom Bürgertum gemieden und waren als “Unterklassenfraß” verpönt. Doch spätestens in den Wirtschaftswunderjahren der 1950er konnten sich auch die Bürgerlichen der Attraktion der Zwischenmahlzeiten nicht mehr entziehen und belohnten sich für jede Stunde vor dem Fernseher mit Popcorn, Chips und allerlei anderen Leckereien. Und auch die Arbeitswelt hat schon lange reagiert: Von der Snackbox bis zur Obstschale wird in vielen Büros der nachmittägliche Impuls zur Zwischenmahlzeit mit kleinen Angeboten kompensiert. Und dabei gilt bis heute: Je zuckriger und ungesünder, desto beliebter, denn auch wenn gesunde Snacks wie Nüsse und Früchte eine langanhaltendere Konzentrationssteigerung bewirken, ist es doch eher der Schokoriegel, der den Nachmittag versüßt.
11 Machen oder machen lassen?
Wie schön war das damals, als man noch mit einem frisch gespitzten Bleistift der Härte HB nach getaner Arbeit den entsprechenden Punkt auf seiner handgeschriebenen Aufgabenliste durchstreichen konnte. Das erledigte Werk blieb so auch im durchgestrichenen Zustand noch als Zeuge der vollbrachten Leistung sichtbar und konnte so Genugtuung erzeugen – long gone! In Zeiten der digitalen To-Do-Listen, die uns in unglaublicher Vielfalt in App-Stores zur Verfügung stehen, verschwinden erledigte Aufgaben auf Nimmerwiedersehen im Online-Nirvana. Und wenn ein Programmierer uns doch nicht um das Gefühl etwas geschafft zu haben bringen wollte und der Task daher durchgestrichen sichtbar bleibt, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er in eine von vielen parallel geführten To-Do-Listen unsichtbar wird. Oder er fristet dort sein Dasein zusammen mit Aufgaben, die wohl nie bearbeitet werden. Immer mehr und immer längere Listen, auch gerne synchronisiert und mit anderen geteilt, verfehlen immer häufiger ihren eigentlichen Zweck. Daher gibt es eigentlich nur das Zurück zur einfachen, handgeschriebenen Liste, gültig nur für einen Tag. Denn was man nicht schafft, liegt dann eben am nächsten Tag als Mahnung vor einem und verschwindet nicht unauffällig in den unzähligen digitalen (Never)-To-Do-Listen.
12 Erstmal tief durchatmen
“Moment! Erst einmal ganz tief durchatmen…” Wenn wir diese Worte hören, wissen wir genau: irgendetwas läuft ganz und gar nicht so wie es sollte. Der Situationsstress ist direkt spürbar und man möchte aufgrund der Spannung seinen Atem anhalten. Interessant sind hierbei weniger die Ursachen oder die möglichen Folgen, sondern der Ratschlag, über kontrolliertes Atmen wieder Herr bzw. Frau der Lage zu werden. Tief durchatmen steht nämlich im direkten Gegensatz zur schnellen flachen Atmung, wie man sie unter Stressbedingungen oder in Paniksituationen kennt. Das Prinzip der Ursache und Wirkung wird hier umgedreht. Nicht der Stress verursacht schnelles Atmen, sondern andersherum. Daher ist es auch möglich, gezielt über langsames und tiefes Ein- und Ausatmen dem Körperstress entgegenzuwirken. Beim Yoga ist daher auch die richtige Atemtechnik zentraler Bestandteil aller Übungen. Daher kann auch regelmäßiges Meditieren zu verbesserter Konzentration beitragen. Allerdings reicht bereits tiefes Durchatmen aus, um effizienter zu arbeiten und seine innere Ruhe zu behalten.
13 Däumchen drehen...
Unsere Gegenwart wird momentan von einer neuartigen Form des Zeitgebens vermessen: Dem Buffering-Icon. Damit gemeint ist dieses bunte Rad, das sich immer dann anfängt zu drehen, wenn vermeintliche Ladeprozesse die aktuelle Wiedergabe von digitalen Inhalten gerade verhindern. Das Ladesymbol soll uns entspannen, uns die Möglichkeit geben, uns kurz zurückzulehnen, einen Moment der Passivität zu erfahren, während unsere Aufmerksamkeit aber weiter bei dem kleinen drehenden Rad verweilt und nicht irgendwo anders hin abschweifen kann. Stattdessen ist das kleine Rädchen aber vom Bürohypnotiseur zum Panikmacher mutiert. Oh, no! Habe ich gespeichert? Geht’s überhaupt weiter? Steht der Zusammenbruch bevor? Der Absturz? Aber eigentlich sollten wir diese kleinen Momente wertschätzen, uns von der Gewissheit umspülen lassen, dass da Draußen im von uns völlig losgelösten Zeitenmeer, etwas passiert, was uns einen Moment des Durchatmens gönnt. Buffern ist Lebensqualität! Das nächste Mal, wenn wir warten müssen, sollten wir es als Angebot zur Kurzmeditaion begreifen und uns entspannt zurücklehnen. Einatmen, ausatmen, einatmen...
14 Scheitern bitte
Der Schriftsteller Samuel Beckett wird gern mit dem Aphorismus zitiert: “Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better.” Dieses “Bessere Scheitern” könnte man heute auch als Credo der US-amerikanisch inspirierten Start-Up-Kultur bezeichnen, die sich inzwischen in den Großstädten der Welt in Inkubatoren zusammenfinden, um eine Idee nach der anderen auf der Suche nach dem “Unicorn” – der einen großen Idee wie Facebook, Instagram oder Snapchat – scheitern zu lassen. Inzwischen gibt es schon so viele gescheiterte Jungunternehmer, dass sich ein Unternehmen gegründet hat, das diesen nun wieder eine Plattform bietet: Das schnell wachsende Unternehmen “Fuck-up Nights” veranstaltet auf der ganzen Welt Abende, an denen von nichts anderem als dem eigenen Scheitern berichtet wird – unterhaltsam vorgetragen, von einem johlenden Publikum begleitet. Vielleicht wäre das eine neue Idee für das unternehmensinterne Teambuilding: Statt sich gegenseitig von Erfolgen zu berichten, lieber denjenigen auf die Schulter klopfen, die ihr eigenes Versagen am Eindrucksvollsten rüberbringen können. So kann man ganz nebenbei auch das “Besser-Scheitern” lernen.
15 Gut gemacht!
Viel wurde schon über die Eigenarten der sogenannten Millennials und insbesondere über ihre Vorstellung zum idealen Büro geschrieben: Mehr Sinnhaftigkeit im Tun sei nötig, eine gute Work-Life-Balance und natürlich eine flache Hierarchie – wenn überhaupt eine, dann nicht im tradierten Gewand. Aber ob flach oder nicht, wenn Führung als Tätigkeit und nicht allein als Rang begriffen wird, ist schon ein wichtiger fundamentaler Schritt getan, weg vom Hierarchiegedanken, der Rang und Führung direkt miteinander verbindet, und nur allzu oft Führungskompetenz vermissen lässt. Und gerade diese wird weiterhin und deutlich eingefordert. Flache Hierarchien sind zwar beliebt, aber eben auch, weil Chefs in diesen Strukturen besonders gut führen können müssen. Führen verlangt vollen Einsatz, Leidenschaft, Fokus und Kompetenz. Fehlt letztere, lässt sich dies heute eben nicht mehr so einfach hinter einem Titel verstecken. Mit gutem Beispiel vorangehen, sich dafür nicht zu schade zu sein, zu wissen, was zu tun ist und vor allem, was zu tun sein wird und dies erklären zu können ist es, was gute Führung ausmacht. Nur dadurch entsteht Respekt, ganz ohne Rang und Namen, Millennial hin oder her.
16 Hier sitz` ich!
Dichte, Gedrängtheit und Platzmangel belasten uns. Da haben wir eine angeborene Empfindlichkeit. Auch Tiere, die man auf engem Raum zusammenpfercht, leiden unter der Situation und zeigen eine erhöhte Anfälligkeit für verschiedenste Erkrankungen und eine höhere Sterblichkeit. In der Landwirtschaft und Tierzucht ist das bekannt. Auch wir Menschen zeichnen uns dadurch aus, dass wir es nicht allzu eng mögen. Im Durchschnitt gilt eine Armlänge als allgemeiner Wohlfühlabstand zwischen zwei Menschen. Je nach der Vertrautheit zu einem Mitmenschen und je nachdem, wie formal eine Kontaktsituation ist und auch je nach Kultur bevorzugen wir aber unterschiedliche Abstände. Was passiert, wenn sich zur kulturellen Akzeptanz noch die vorherrschenden Immobilienpreise auf die jeweilige Mitarbeiterdichte in Büros auswirken, kann man in Hong Konger Büroetagen hautnah erleben. Dort steigt die Belegschaftsdichte schonmal gerne auf das Doppelte bis Dreifache der in Europa akzeptierten Dichte. Aber ob im Büro in Hong Kong oder New York oder in einem populären Co-Workingspace in Berlin-Mitte, entscheidend ist am Ende, ob man ausreichend Ausweichmöglichkeiten angeboten bekommt, wie zum Beispiel Homeoffice oder einen Meeting-Raum und natürlich der gesittete Umgang mit seinen Kollegen. Rücksicht kann der größte Stresslinderer sein!
17 Mach mal halblang
Ein Leben ohne Stress kann es gar nicht geben. Auch wäre das nicht gut, denn evolutionsbiologische betrachtet, ist es eben der Stress, der uns anregt, uns antreibt Neues zu probieren, weiterzukommen. Das gilt auch für Stress im Beruf: Punktueller Stress, der kommt und geht, ist gut für unsere Produktivität und Kreativität. Schwierig wird es dann, wenn der Stress sich in die Routinen des Arbeitsalltags einschleicht und dauerhaft wird. Dann kommt es zu Stressfolgeerkrankungen, die auch physischer Natur sein können: Energiestoffwechsel, Immunsystem und Hormonhaushalt geraten durcheinander. Sind wir einmal in diesem Dauerstress gefangen, wird auch die Fahrt mit dem Auto oder der Bahn von der Arbeit nach Hause zum Stresserzeuger, die negativen Effekte potenzieren sich. Wie kommt man da wieder raus? Die so naheliegende wie einfache Lösung: Körperliche Bewegung. Wer regelmäßig joggen geht oder Fahrrad fährt, kann oft schon dadurch aus dem Dauerstress ausbrechen. Ganz nebenbei bekommt er eine Portion Glücksgefühl spendiert und das Gehirn bedankt sich für die Extraportion Sauerstoff mit Ideen, Erinnerungen an fast vergessene Termine oder der Wiederaufnahme von liegengebliebenen Gedankengängen.
18 Trimm Dich!
Als die Wohlstandsbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland in den 70er Jahren die Folgen des Wirtschaftswunders durch Übergewicht und Herzinfarkte regelrecht zu spüren bekam, wurde die Trimm-dich-Bewegung ins Leben gerufen. Trimmy, das Maskottchen der Bewegung, empfahl: Lauf mal wieder! Überall wurden Jogging-Pfade mit Bewegungsparcours aus der Taufe gehoben, um die Leute aus ihren Sofas in den Wald zu locken. Eine ähnliche Bewegung zeichnet sich zurzeit in der modernen Bürowelt ab. Büromöbelhersteller bieten ein immer breiteres Spektrum an ergonomischen Stühlen und Tischen an, um den still sitzenden Büromenschen zu mehr Bewegung zu veranlassen. Aber auch ohne den neusten Stuhl oder Stehtisch kann man seinem Körper etwas Gutes tun. Ähnlich den Anleitungen gegen Thrombose auf einem Langstreckenflug findet man viele Übungsbeispiele, die sich auf kleinstem Raum und in der Büroumgebung leicht ausführen lassen. Wie beim Joggen auf dem Trimm-Dich-Pfad ist es allerdings nötig, seinen inneren Schweinehund zu überlisten und die Bürogymnastik regelmäßig zu machen. Hierbei kann schon eine kleine App helfen – also keine Müdigkeit vorschützen!
19 Mitarbeiter des Monats
McDonalds macht es uns vor: Hier sehen wir den “Employee of the Month” direkt beim Bestellen unseres Happy Meals. Ob der so gewürdigte Mitarbeiter denn auch happy darüber ist, hat viel damit zu tun, wie ehrlich die Auszeichnung ist. War es nur eine Frage der Zeit bis er an die Reihe kam oder hat derjenige auch wirklich Ausgezeichnetes geleistet? Neben dem Jahresbonus und einer Gehaltserhöhung ist die Anerkennung im Büro eine Hauptantriebskraft für gute Leistungen. Jeder Mensch möchte geschätzt werden und dies geschieht im Job eben einmal durch die Arbeit. Fehlt hier die Wertschätzung, kann es zur Resignation und einer inneren Kündigung kommen, der SuperGAU für jeden Arbeitgeber. Dieses Grundbedürfnis macht dann aber auch nicht vor der Führungskraft halt – auch wenn die Medien loben, kann der ausbleibende Respekt von Berufskollegen trotz Berühmtheit und Reichtum zu Mangelerscheinungen führen. “Peer recognition” heißt das im Englischen und trifft ins Schwarze. Wahre Anerkennung für die Essenz seines Tuns, darum geht es den meisten Menschen. Trotzdem darf auch mal zwischen den großen Etappensiegen gelobt werden.
20 Träum weiter
Beruf oder Berufung? Was ist der Unterschied zwischen Beruf und Arbeit? Ganz einfach ausgedrückt ist unser Beruf das, was wir erlernt oder studiert haben. Die Arbeit selbst erweist sich dann aber bald ganz konkret als die Tätigkeit, für die man täglich im Büro bezahlt wird. Hier kann eine Übereinstimmung mit dem Beruf vorliegen, muss es aber nicht. Sehr oft ist es so, dass der Anteil an Tätigkeit, für die man brennt, auf nur zehn Prozent der Arbeit schrumpft und der Rest für Verwaltung und Abarbeiten von Routinen benötigt wird. Hier kann es schnell zum Boreout kommen: Als Boreout-Syndrom (von englisch boredom ‚Langeweile‘) bzw. Ausgelangweilt-Sein wird ein Zustand ausgesprochener Unterforderung im Arbeitsleben bezeichnet, der bislang eher in den Medien als im wissenschaftlichen Bereich unter dem Aspekt eines Krankheitsbildes diskutiert wird. Boreout wird als paralleles Gegenstück des Burnout-Syndroms charakterisiert, das selbst in den Burnout münden kann. Wichtig ist es, hierzu eine gesunde Einstellung zu entwickeln und das Nötige nicht als belastend zu empfinden, sondern als elementaren Teil eines gesamten Systems zu begreifen. Oft ist es auch eine Frage der Einstellung und des Offenbleibens für das Erlernen von neuen Fähigkeiten. Wer hier geistig flexibel bleibt, beugt damit effektiv einem Boreout vor.